„Man muss sich an die Regeln halten“. Mit diesen Worten reagierte kürzlich der qatarische Cheforganisator der Fußballweltmeisterschaft auf eine Frage des ZDF nach der Lage der LSBTQI*-Community in seinem Land. So als ob es dabei um ein Problem wie die Straßenverkehrsordnung ginge.
Welche Realität sich hinter der scheinbar harmlosen Vokabel „Regel“ verbirgt, zeigt nun Khaled Alesmael. In zehn Episoden zeichnet der syrische Autor ein beklemmendes Bild des Alltags homosexueller Männer in arabischen Ländern zwischen Unterdrückung und Selbstverleugnung.
Da ist der junge Syrer Barada, der von seinem Schwager regelmäßig vergewaltigt wird, weil der findet, dass ihn seine Frau, Baradas Schwester, sexuell nicht ausreichend befriedigt.
Scheinehe und Vergewaltigung
Da ist Matar aus dem syrischen Raqqa, der sich mehr für Penisse als Brüste interessiert, die Flucht aus seiner, von seiner traditionellen Familie arrangierten Scheinehe aber erst wagt, als der Islamische Staat die Stadt 2013 erobert.
Der Name der Gasse in Kairo, in der der junge Kellner Sphinx eines Tages in einem modrigen Hamam landet und das 2014 von der ägyptischen Polizei ausgehoben wird, fungiert als Sinnbild: Bab al-Bahr, das „Tor zum Meer“, das Hoffnung signalisiert, ist eine Sackgasse.
Alesmael war 2018 mit seinem Debüt „Selamlik“ europaweit bekannt geworden. Darin verarbeitete der 1979 in Damaskus geborene Schriftsteller, der heute in London lebt, sein eigenes Schicksal als Schwuler: Die Flucht aus Syrien 2014 über die Balkanroute nach Schweden.
In seinem zweiten Buch greift Alesmael über seine individuelle Biografie hinaus. In den Liebes- als Leidensgeschichten von Männern aus seinem Kulturraum belässt er es aber nicht beim nüchtern-dokumentarischen Report.
Der Autor montiert das in Interviews und Gesprächen Recherchierte in eine hybride Textform. Er lässt die Protagonisten ihre Lebensgeschichte aus einer emotionalen, unmittelbaren Perspektive – Briefen – Revue passieren.
Diese reichert er mit seinen eigenen Reflexionen oder Bruchstücken aus Chatverläufen an. Die Liebe, die Trauer und den Verlust, die seine Protagonisten erfuhren, überführt er dabei in bezwingende, niemals kitschige oder pathetische Metaphern.
Das Leben eines Vogels
„Eine Vorstellung vom Leben eines Vogels, dessen Flügel nur ich sehen konnte. Bei jeder Drehung wuchsen sie mir aus dem Rücken. Ich hob von der Erde ab und ließ meine Last fallen wie einen schweren Regen, der sich in das schwarze Meer unter meinen Füßen ergoss“, lässt Alesmael den Palästinenser Safadi seine Vorstellung von einem anderen Leben erklären. Schon als kleiner Junge kleidet er sich gern als Frau. Nach der Flucht aus Syrien wird er in Berlin Bauchtänzer.
Wenn das Oxymoron „poetisches Sachbuch“ einmal zutrifft, dann in Alesmaels literarisch verdichteten, von Christine Battermann so sensibel wie präzise übersetzten Lebensgeschichten, die ohne diesen Autor unerzählt geblieben wären – Literatur als Akt poetischer Solidarität.
Schwulsein sei ein „geistiger Schaden“, befand der qatarische Funktionär in seinem Interview. In Alesmaels wunderbarem „Ein Tor zum Meer“ bewahrheitet sich dagegen Rosa von Praunheims legendärer Filmtitel „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“.
Khaled Alesmael: Ein Tor zum Meer. Briefe von arabischen Homosexuellen. Aus dem Arabischen von Christine Battermann. Albino, Berlin 2022, 208 Seiten, 22 Euro
„Wir werden ihre Zungen herausschneiden. Wir werden ihre Köpfe zermalmen“. Recep Tayyip Erdoğan war nicht zimperlich. Als sich die Pop-Sängerin Sezen Aksu im Sommer in einem Song über den Propheten Adam lustig machte, drohte der türkische Präsident mit körperlicher Vergeltung.
Der Mob, der sich nach der Drohung vor dem Haus der Diva der türkischen Musik zusammenrottete, bekam Aksus Zunge zwar nicht. Der Vorfall markierte freilich die Spielräume der Kunst am Bosporus.
Gemessen an der Drohkulisse, die Erdoğan ein Jahr vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Juni 2023, dem symbolischen 100. Jahr der Republikgründung, aufbaut, grenzte es an ein kleines Wunder, dass Mitte September die Istanbul-Biennale überhaupt ihre Pforten öffnen konnte.
Die 1987 gegründete Kunstschau ist zwar kein Hort des politischen Widerstandes. Schließlich verdankt sie ihre Existenz dem Mäzenatentum der schwerreichen Unternehmerfamilie Eczacıbaşı und deren Stiftung für Kunst und Kultur (IKSV). Sie setzt jedoch immer wieder kritische Akzente.
2004 nahmen die Kuratoren Vasif Kortun und Charles Esche auf der 8. Biennale die Gentrifizierung in Istanbul ins Visier, 2013 öffnete die kürzlich verstorbene Fulya Erdemci ihre Biennale den Gezi-Protesten. 2017 kuratierte gar das offen schwule Künstlerduo Elmgreen & Dragset die Biennale.
Offene Kritik an den immer repressiveren Verhältnissen finden sich auf der gerade eröffneten, 17. Biennale nicht. Die Zeiten dafür sind vorbei. Doch wer die Zeichen zu lesen verstand, kam auch hier auf seine gesellschaftskritischen Kosten.
Ob es nun die Gezi-Slogans auf den Flaggen der Gruppenperformance des indonesischen Künstlers Arahmaiani waren oder die Funde aus dem 1990 gegründeten Frauenarchiv der Stadt Istanbul, die die Künstlerinnen Merve Elveren und Çağla Özbek in diversen Artspaces ausgebreitet hatten.
Letztlich war auch die Entscheidung von Ute Meta Bauer, Amar Kanwar und David Teh, den Kurato:innen der Biennale, auf eine spektakuläre Großausstellung zu verzichten und die Biennale auf zwölf der Istanbuler Artspaces zu verteilen, ein Versuch, die lokale und internationale Szene zu vernetzen.
Obwohl zunehmend unter Druck sind Kunst und Kultur in der Türkei aber immer noch die Domäne der kritischen Intelligenz, wie selbst Präsident Erdoğan vor ein paar Jahren zähneknirschend zugeben musste.
Seine 2018 lancierte Gegenoffensive in Gestalt der „Yeditepe-Biennale“ für die traditionellen Künste wie Kalligraphie oder Teppichknüpfen, fand jedoch wenig Anklang.
Und wie um zu demonstrieren, dass die unabhängige Kunst nicht aufgibt, geriet die Eröffnungswoche der Biennale zur unerklärten Demonstration der Stärke dieser Szene.
Von einer Revue der türkischen Performancekunst der 90er Jahre im Kunsthaus Salt bis zur feministischen Schau „Mis(s)placed Woman?“ in Osman Kavalas – noch nicht geschlossenen – Artspace Depo reichte die unübersehbare Anzahl von Eröffnungen.
Selbst der 2017 aus dem Amt als Chef des avantgardistischen Kunstverbunds „Salt“ gedrängte Vasif Kortun kuratierte dort eine kleinee Schau der israelischen Künstlerin Nira Pereg zu Sicherheit und Kontrolle im öffentlichen Raum.
Für ein Land, dessen Regierung regelmäßig die LGBTQ+-Märsche niederknüppeln lässt, war es zudem ein Wagnis, dass die kommerzielle Kunstmesse „Contemporary Istanbul“ des Tourismus-Unternehmers Ali Güreli in ihrem Skulpturenpark die Plexiglas-Statue eines Kindes aufstellte, das eine Regenbogenfahne im Wind bläht.
Die türkische Kunstszene laviert derzeit in einem Patt zwischen Repression und Selbstbehauptung, dessen Ausgang offen ist. Auf der einen Seite lauert Erdoğan. Auf der anderen Seite sichern die großen Industriellenfamilien wie Koç oder Sabancı mit ihren Privatmuseen der Kunst Räume.
Denen folgt neuerdings die Stadt Istanbul. Das stillgelegte Gaswerk „Müze Gazhane“ im liberalen Stadtteil Kadiköy, einer der Standorte der Biennale, ist eines von sechs neuen, in der Türkei beispiellosen, öffentlichen Kunst- und Kulturzentren, mit denen Bürgermeister Ekrem İmamoğlu von der oppositionellen CH-Partei der Kunst neue Wirkräume sichern will.
Mit einer Mischung aus Verwunderung und Entsetzen verfolgten Beobachter deshalb eine unerwartete Annäherung. Schon auf dem Empfang der IKSV in Venedig zur Eröffnung des türkischen Pavillons durfte mit Mehmet Ersoy erstmals ein Kulturminister der herzlich verhassten AKP-Regierung eine Rede halten. Zur Eröffnung der Biennale hängte IKSV-Chef Bülent Eczacıbaşı gar Ersoys Stellvertreterin Özgül Yavuz eine Verdienstmedaille um. Man fragt sich wofür.
Ob AKP und IKSV wissen, auf was sie sich da einlassen? Zum Portfolio der Stiftung gehören neben der Biennale, einem Film, Jazz- und Theaterfestival auch eines für die Musik. Jahrein, jahraus singen hier die Zungen, die Präsident Erdoğan den Künstler:innen gern herausreißen würde.
„Nach der documenta ist vor der documenta“. Christian Geselle, Kassels immer etwas hemdsärmeliger Oberbürgermeister, gab sich salopp, als er Ende September offiziell die documenta fifteen beschloss und zugleich den Termin für die 16. Ausgabe der Schau im Juni 2027 bekanntgab.
Natürlich musste er beizeiten jeden Zweifel zerstreuen, dass es mit der documenta aus sei, wie es während der umstrittenen Schau immer wieder ultimativ gefordert worden war. Was wäre Kassel ohne die Cashcow und unerschöpfliche Quelle symbolischen Kapitals, documenta?
Doch ist das business as usual-Zeichen, das der SPD-Politiker damit gab, das richtige Signal für die Zukunft? Noch ist der Schock, der Kassel selbst für die Fans der d15 bedeutete, nicht verdaut, da legt sich die Szene schon in die nächsten Schleifen des Kunstloops von Bangkok bis Riga – the show must schließlich go on.
Dabei könnte der Kunstbetrieb eine kurze Pause für eine Debatte gut vertragen: Zum Beispiel über das Ethos des Kuratierens. Gesprächsbedarf sehen auch die Anhänger:innen des dezentralen, antiautoritären, kollektiven, fast möchte man sagen: besinnungslosen Ansatz des Ausstellungsmachens a la ruangrupa.
Oder die „Decolonize“-Fraktion, die doch zweifelte, ob die Schockästhetik, mit der Kader Attia den Ahnungslosen seine kolonialismuskritische Lektion bei der 12. Berlin-Biennale ins Hirn hämmern wollte, nicht das genaue Gegenteil bewirkt. Diese Debatte ist umso angezeigter, weil das Kunstjahr 2022 eine markante Zweiteilung des Kunstbetriebs offenbart hat.
Die documenta fifteen, aber auch ihre Miniatur-Version in Gestalt der 17. Istanbul-Biennale haben, sieht man einmal von den antisemitischen Kollateralschäden in Kassel ab, eine „postautonome Kunst“ (Wolfgang Ullrich) nobilitiert, die zwar schon länger en vogue ist, in dieser Massivität aber bislang noch nicht auftrat beziehungsweise derart prominent vorgestellt wurde.
Das alte adornitische Ideal der Kunst, die ihren Kontext und ihr Material auratisch übersteigt, spielt bei den Kollektiven und Verbünden, die dort reüssierten, kaum noch eine Rolle. Eine „Entkunstung“ (Harald Kimpel) bedeutet das aber noch nicht.
Vielmehr markiert das eine Epoche, die als sozial engagierte Hybridästhetik in die Kunstgeschichte eingehen könnte. Werner Schmalenbachs sturköpfige Weigerung seinerzeit, Joseph Beuys, dem Ahnherrn dieser Richtung, in die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen einziehen zu lassen, hat sich bekanntlich als ähnlicher Irrtum erwiesen.
Die Kollektive, die seine soziale Plastik nun vollenden, sind nicht so sehr das Problem. Sie als Untergang des Abendlandes der Kunst zu dämonisieren, wie Bazon Brock in seiner hanebüchenen Philippika gegen die d15, geht selbst an der europäischen Kunstgeschichte meilenweit vorbei.
Ihre Spur zieht sich von Friedrich Schleiermachers „Bund von Freunden“ über die Nazarener in Rom, von Dada bis zu den Guerilla Girls. Und das Geburtsrecht der Freiheit der Kunst für die europäische Aufklärung kann nur reklamieren, wer sich noch nie der Kunst und Kultur des Globalen Südens befasst hat.
Das Problem ist, wie und ob (ästhetische) Kollektive ihr Handeln transparent machen. Das Mandat für Wohlfahrt, Emanzipation und Aufklärung, welches sie für sich beanspruchen, entbindet sie nicht von der Rechenschaftspflicht gegenüber der Öffentlichkeit. Wie dem nachzukommen wäre, wird noch zu diskutieren sein.
Schon um einen Rückfall ins Autoritäre zu verhindern, der auch hinter den Rufen nach einem Durchgreifen der Politik lauert. Und nach dem endgültigen Bericht der documenta-„Expert:innenkommision“ wieder zu hören sein wird.
Doch dieser Ansatz steht nun ziemlich beziehungslos neben dem des klassischen Ausstellungsmachens, wie ihn auch Cecilia Alemani mit „The Milk of Dreams“ in Venedig oder Tim Fellrath und Sam Bardaouil mit ihrem „manifesto of fragility“ in Lyon zelebrierten.
In beiden Fällen agierten noch die allwissenden Kurator:innen, die die Dinge ordnen, die Narrative konstruieren und das ganz große Rad der opulenten Mega-Schau drehen. Es hat etwas folgenlos Rhetorisches, an eine Gesamtheit zu appellieren, die bei näherer Betrachtung in unzählige Partikel zerfällt.
Dennoch sollte dieses Schisma, selbst wenn es kurzfristig kaum aufzulösen ist, „der Kunstwelt“ (die es so homogen nicht gibt) eine leidenschaftliche Debatte auch darüber wert sein, was und ob diese beiden Sphären noch etwas verbindet. Der nächsten documenta, auf die sich Christan Geselle schon so freut, kann das nur nutzen.
„People’s Justice“. Mittlerweile dürfte jedes Schulkind das Banner der indonesischen Künstler:innen-Gruppe Taring Padi kennen, welches beinahe die documenta fifteen (d15) zu Fall gebracht hätte. Das abgehängte Werk steht jetzt wie ein Symbolbild für den globalen Antisemitismus. Dabei ist die Ikonographie der zwanzig Jahre alten Arbeit komplexer.
Öffnet es doch, trotz der Schläfenlocken, Schweinsgesichter und SS-Runen, gleichsam wie ein Zeitfenster den Blick in eine Schlüsselszene der postkolonialen Geschichte Indonesiens Ende der 1990er Jahre: den Kampf gegen den Diktator Suharto, der von den Geheimdiensten der früheren europäischen Kolonialmächte unterstützt wurde.
Kulturwissenschaftler:innen werten die dabei verwendeten, unbezweifelbar antisemitischen Bildmotive freilich als eine Spätfolge des Kolonialismus. Mit diesem kulturellen Export rassistischer Stereotype suchten Kolonialmächte wie die Niederlande und Deutschland ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts die dortigen Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen.
So diffundierten sie auch in das oppositionelle Bildvokabular. Es wird sich zeigen, ob die documenta, trotz der publizistischen Hysterie um den angeblich intrinsischen Antisemitismus einiger ihrer Teilnehmer:innen, den Mut findet, diesen piktorialen Wanderbewegungen wenigstens versuchsweise nachzugehen. Wo, wenn nicht auf einer Weltausstellung der Kunst sollte eine derartige Analyse stattfinden?
Die Idee des Anti- und Postkolonialen ist jedenfalls ein inneres Verbindungsglied zwischen den beiden Ausstellungen, die das überbordende Kunstjahr 2022 prägen.
Wobei die Berlin-Biennale trotz des Überaufgebots an Dokumentarvideos und -diagrammen auch Positionen bietet, die das Politisch-Aktivistische mit einem so verpönten Begriff wie Schönheit verbinden: Wie Mónica de Mirandas ästhetisch bezwingender Film „O caminho das Estrelas“ über die Rolle der Frauen im Befreiungskampf in Angola etwa.
Demgegenüber setzt die d15 keineswegs auf den oft beklagten Verzicht auf Ästhetik, aber doch eher auf eine Do-It-Yourself oder Hybrid-Ästhetik, man könnte auch sagen: auf einen offenen Werkbegriff. In Abwandlung des berühmten Clausewitz-Zitates über den Krieg ließe sich die d15 als „Fortsetzung des politischen Verkehrs unter Einmischung künstlerischer Mittel“ bezeichnen.
Doch wenn etwas die beiden Großausstellungen grundlegend unterscheidet, dann ist es weniger deren (partiell identischer) Inhalt, sondern deren Struktur. In Berlin gibt es den einen zentralen Kurator namens Kader Attia. Der französisch-algerische Künstler definiert seine Arbeit zwar als „Reflexion im Dialog“. Die Mitglieder seines künstlerischen Teams sollen jedoch, wie er betonte, „meine Recherchen vertiefen“.
Im Kern geht es Attia darum, die „Verletzungen“ des Kolonialismus mit großem Nachdruck herauszustellen. So nachdrücklich, so sehr mit einer Ästhetik des Schocks, dass das Trommelfeuer der Anklagen vom Raub der Adivasi-Überreste in Sri Lanka durch europäische Museen bis zu den „Verletzungen“ des libanesischen Luftraums durch die israelische Luftwaffe zu einer tendenziellen Überforderung der Betrachter:innen führt, die ständig das Gefühl haben, einen Lehrpfad wie im Oberstufen-Leistungskurs Internationale Sozialkunde absolvieren zu müssen.
Wobei sich Attia, das nur nebenbei gesagt, mit seinem Beharren auf der Idee des „Sichtbarmachens des Unsichtbaren“ (hier: der nach wie vor bestehenden Präsenz kolonialer Strukturen und Dispositive, daher der Titel „Still Present!) dem Urheber dieser Semantik annähert, Paul Klee nämlich, einen Heroen der mittlerweile unter Gewaltverdacht stehenden (West-)Moderne also.
Die d15 dagegen ist nicht nur, ausweislich ihres „Lumbung“-Titels, ein Experiment in praktizierter Solidarität, das den postkolonialen Rahmen überschreitet. Statt der strengen Didaktik der Berlin Biennale kommt sie spielerisch, offen, inklusiv und prozesshaft daher.
Ein Experiment, das unter dem Druck der Krisen, Pandemie, Ökologie und den Krieg in der Ukraine, an Bedeutung über den Kunstbetrieb und -diskurs hinaus gewinnt. Mitsamt dem Versuch, das in den letzten Jahren unter Legitimationsdruck geratene System des Marktes über die Einrichtung der „Lumbung-Gallery“ vom kommerziellen Kopf auf die gemeinwirtschaftlichen Füße zu stellen.
In allererster Linie ist die d15 aber ein großes Experiment in der Delegation von Autorität. Die Kurator:innen um ruangrupa haben ihr (Macht-)Privileg der Einladung von Künstler:innen zu einem Großteil abgetreten, konnten doch diese in „majelis“ organisierten Kollektiv-Verbünde über ihre Struktur, die Teilnehmer und die ausgestellten Werke und sogar über die Verwendung der finanziellen Ressourcen in Eigenregie bestimmen.
So wirkt dieses Prinzip einer dezentralen, autonom sich entfaltenden Organisation mit „Budgetrecht“, ohne es aufdringlich zu thematisieren, wie eine Reaktion auf die in den letzten Jahren neu aufgebrochene Frage nach Macht und Privilegien im Kunstbetrieb. Insofern folgen, neben allen inhaltlichen Fragen zu Kolonialismus, Postkolonialismus und dem berühmten „Globalen Süden“ die Macher der d15 einer Idee des kalkulierten kuratorischen Kontrollverlusts.
Der Kollateralschaden, der bei diesem Prinzip in Gestalt des antisemitisch infizierten Banners „People’s Justice“ und nun auch noch einer womöglich ähnlich kontaminierten Broschüre aus den „Archives des Luttes des femmes en Algérie“ eingetreten ist und den Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zur Eröffnung der Schau mit seinem Wort “Verantwortung lässt sich nicht outsourcen“ bedachte, wird künftig als Hypothek das Prinzip des (kollektiven) Kuratierens insgesamt überschatten. Stoff für mehr als ein documenta-Symposium.
„Everything is for Sale“ steht auf dem handgemalten Schild im Kirchgarten von St. Kunigundis im Kasseler Stadtteil Bettenhausen. So begeistert die Besucher:innen der documenta fifteen von der Voodoo-Kunst in der entweihten Kirche sind, so sehr stutzen sie, wenn sie auf den kleinen Stand dahinter stoßen.
An einem Holzgerüst können sie Kunst wie auf einem Flohmarkt erstehen: Landschaften, Fabelwesen, Porträts, im handlichen DIN A3-Format, das Stück zu 100 Euro. Einer der haitianischen Künstler gibt den plein-air-Maler an der Staffelei daneben. Aber sind Kunstschauen wie die documenta nicht eigentlich nichtkommerziell?
Der Mythos von der „kommerzfreien Reinheit“ (New York Times) von Biennalen hielt sich lange. Streng genommen war die Geburt der perennierenden Kunstschauen freilich eine aus dem Geist des Marktes.
Als Bürgermeister Riccardo Selvatico 1895 in Venedig die „Mutter der Biennalen“ eröffnete, beschwörte er zwar die „Verbrüderung der Völker“, in erster Linie ging es ihm aber um Standortmarketing.
Die Biennale sollte die schlechte Position der venezianischen Künstler:innen und ihrer Stadt auf dem internationalen Kunstmarkt zwischen London, Paris und Brüssel verbessern. Immerhin 185 von 516 gezeigten Werken wurden auf der ersten Biennale verkauft.
Bei der 60 Jahre später gegründeten Quinquennale namens documenta war es von Anbeginn nicht anders. Auch der Olymp der reinen, unabhängigen, später schwer gesellschaftskritischen Kunst hatte lange eine kommerzielle Ader.
Daran erinnert gerade die Kulturwissenschaftlerin Mela Dávila Freire in ihrer kleinen, aber vorzüglichen Studie („Mission and Commission. Documenta and the Art Market 1955-1968, Polígrafa, Barcelona).
Während der Mitarbeit bei der Schau zur Politischen Geschichte der documenta im Deutschen Historischen Museum (DHM) 2021 stieß die spanische Forscherin auf die Unterlagen zur Geschichte des documenta-Beibootes, mit dem Arnold Bode und seine Mitstreiter ihr prekäres Konstrukt finanziell zu stabilisieren versuchten: die documenta foundation. Dávila Freires Interesse war geweckt, das Büchlein fasst ihre Recherchen zusammen.
Schon 1961 hatte Bode die Idee für eine kommerzielle Sektion der documenta in seinem Plan erwähnt. Gegründet wurde sie drei Jahre später.
Den endgültigen Anstoß für die foundation hatte der unerwartete Erfolg des Verkaufsstandes auf der documenta 2, 1959 gegeben, der den Kölner Galeristen Hein Stünke, wie der documenta-Chefideologe Werner Haftmann ein Mitläufer des NS-Regimes, für seine unentgeltlichen Beraterdienste entschädigen sollte.
Vier Jahre später hatten 25 Künstler, darunter Alexander Calder, George Rickey und Henry Moore für die documenta 3 Arbeiten beigesteuert, von denen die foundation an ihrem Stand im zweiten Stock des Fridericianum auf 100 Exemplare limitierte Editionen verkaufte.
Mit 170.000 Mark Erlös, fand Dávila Freire heraus, trug sie am Ende sogar 70000 Mark mehr zum documenta-Budget bei als das Bundesinnenministerium mit seinem Zuschuss von 100000 Mark.
„Warum sollten wir das bereuen?“ entgegnete Arnold einem Reporter damals kurz und knapp auf die Frage, ob er es gut fände, dass auch die documenta nun ein Kunstmarkt geworden sei.
Die 68’er Revolte beendete das Experiment. Das intransparente Beziehungsgeflecht der foundation geriet unter Kritik: Stünke vermarktete Multiples und Editionen auch in seiner privaten Galerie „Der Spiegel“.
Mit seinem Galeristen-Kollegen Rudolf Zwirner, 1959 documenta-Generalsekretär, hob er 1967 den Kölner Kunstmarkt aus der Taufe. Harald Szeemann und Jean Christoph Amman, die neu berufenen Leiter der documenta 5, ließen die foundation 1971 auslaufen. 1972 gab es keine Edition mehr. Auch die Venedig-Biennale hatte schon 1968 ihre Verkäufe beendet.
Marktfern gibt sich auch die documenta fifteen. Schließlich hat sie bewusst nur eine Handvoll Künstler:innen eingeladen, die von einer renommierten Galerie vertreten werden.
Und mit dem „Seed Money“, einer Art Handgeld für die beteiligten Künstler:innen in Höhe von 10.000 Euro, hat sie erstmals eine Art Basis-Entlohnung eingeführt.
Dass nun ausgerechnet sie, 40 Jahre nach dem Markttabu der 68er dieses Prinzip ganz offen unterläuft, ist nur auf den ersten Blick paradox.
Die „lumbung Gallery“, die ruangrupa für die documenta fifteen gelauncht hat, ist nämlich keine normale Galerie. Vielmehr folgt sie der lumbung-Idee vom nachhaltigen Wirtschaften und Teilen von Ressourcen.
Die für die d15 gelaunchte Plattform soll nicht die Schau finanzieren helfen, wie bei den ersten documentas, sondern die Künstler:innen. Sie erinnert an die Produzentengalerien der 70er Jahre.
Das „Modell einer gemeinsam verwalteten, nicht-spekulativen und regenerativen Galerie“ soll nach dem Willen von ruangrupa auch nach der Schau weiterbestehen.
Um das operative Prinzip der „Lumbung Gallery“ gemeinsam mit der entsprechenden Arbeitsgruppe der documenta zu entwickeln, luden ruangrupa die Initiative „TheArtists“ ein, die unter anderem vom Schweizer Galeristen Beat Raeber und dem Berliner Juristen Martin Heller ins Leben gerufen wurde.
Künstler- und Kurator:innen promoten dort „unbekannte Positionen“ und „diverse Praktiken“ von Künstlern ohne beständige Galerievertretung. Die Erlösverteilung enthält gemeinschaftliche Elemente.
.Normalerweis streichen Galerien 50 Prozent der Verkaufssumme ein, bei „TheArtists“ gehen 65 Prozent direkt an die Künstler, fünf Prozent davon gehen in einen Gemeinschaftstopf. Bei lumbung Gallery gehen 70 Prozent an die Künstler:innen der Werke.
30 Prozent fließen in den lumbung-Topf, über dessen Verwendung am Ende alle an der lumbung Gallery teilnehmenden Künstler und das gesamte lumbung der d15 entscheiden.
Noch steckt das System in den Kinderschuhen. Und nicht alle Werke der 1500 Künstler:innen der documenta fifteen stehen auf der Website der lumbung Gallery.
Preise, wie den des rostigen Wellblech-Eingangs zur documenta-Halle des Wajukuu Art-Projects aus Nigeria müssen Interessenten per Mail erfragen.
Errechnet werden die Preise der lumbung Gallery aus den Produktionskosten und den „basic needs“ der Künstler:innen. Die Bemessungsgrundlage dafür ist der höchste Mindestlohn in einem Land des Globalen Südens. Die Referenz ist Australien mit derzeit 30.000 Euro im Jahr.
Das Interesse an den Werken der d15 ist jedenfalls immens, berichtet Martin Heller: „Inzwischen verkaufen wir täglich Werke“. Für ihn ein Hinweis auf die erstaunliche Diskrepanz zwischen der medialen Wahrnehmung der Schau und der durch die Besucher:innen vor Ort, darunter viele internationale Sammlungen.
Besonders beliebt ist das riesige Ensemble von Gemüse-Plastiken aus Keramik mitsamt dem riesigen Wandgemälde, das das Kochkollektiv Britto Arts Trust aus Bangla Desh in der documenta-Halle aufgebaut hat. Dessen Verkauf steht unmittelbar bevor.
Den Namen des großen europäischen Museums will Heller aber noch nicht nennen. Normale Kunstliebhaber sind bei einzelnen Editions-Stücke wie einem Blumenkohl mit Preisen zwischen 150 und 600 Euro dabei.
Eine Ausnahme vom lumbung-Prinzip sind die Ziegelsteine der indonesischen Jatwangi art Factory, die im Hübnerareal zu einer „Terrakotta-Embassy“ getürmt sind. Kostenpunkt: 400 Euro.
Mit dem Erlös will das Kollektiv in seiner Heimat zwischen zwei Fabriken von Sportartikelherstellern erwerben, um es wieder zu Regenwald aufzuforsten: „Perhutana Family Forest Project“ nennt sich die Initiative.
Auf großes Interesse stoßen die Arbeiten des umstrittenen indonesischen Kollektivs Taring Padi. Der israelische Sammler, ein Kenner indonesischer Geschichte, der dessen Arbeiten erwerben will, zuckte nur mit den Achseln, als Heller ihn auf den Streit um das Banner „People’s Justice“ hinwies. „That’s a german discussion“ überliefert er dessen achselzuckende Reaktion.
Die lumbung gallery scheint jedenfalls einen Nerv getroffen zu haben. Nicht nur, weil sie bereits mehr als 300 Werke verkauft hat. Auch der Widerhall in der Community an einem gemeinwirtschaftlichen Markt ist groß.
Mehrere der in der International Biennial’s Association (IBA) zusammengeschlossenen Organisationen haben die Macher der lumbung Gallery zu Learning sessions eingeladen.
Bei seinen Diskussionen mit den Künstlern, die er alle einzelnen mühsam gewinnen muss, ihre Arbeiten in der lumbung Gallery zu platzieren, will Heller ein starkes Bedürfnis nach Gemeinschaft bemerkt haben: „Die wollen Teil von etwas sein“. Das gelte auch für viele Sammler, die nicht nur Objekte ansammeln wollen.
Auch Künstler mit eigener Galerie, die auf der documenta vertreten sind, entschließen sich nach Angaben von Heller mehr und mehr, einen Teil ihrer Verkaufs-Erlöse in den Lumbung-Topf zu überführen.
Sollte das System weiterbestehen, wäre das nicht weniger als eine Revolution. Womöglich ein erster Schritt auf dem Weg zur „Kunst als Commons“, einer Diskussion um Gemeingüter, die im Kunstbetrieb gerade schwer Konjunktur hat.
Galerien wären in diesem System überflüssig. Schon bei den ersten documenta-Schauen protestierten diese gegen die privilegierten Verkaufsstände von Stünke&Co. Der Bundesverband Deutscher Galerien (BVDG) dagegen bleibt heute gelassen.
„Es ist es denkbar, dass „sich solche Systeme in bestimmten Gesellschaften etablieren und neben dem herkömmlichen Kunstmarkt Bestand haben könnten; vergleichbar mit den „Fair-Trade“-Projekten“ ließ Geschäftsführerin Birgit Maria Sturm ganz sachlich wissen.
Die Kunsthistorikerin ärgert sich nur, dass ruangrupa mit der Zeichnung, die der Künstler Dan Perjovschi für die lumbung Gallery geschaffen hat, mit Stereotypen arbeite.
In Handschrift steht hier über „Regular Gallery“ eine Sprechblase mit „how much?“, über der „lumbung Gallery“-Sprechblase steht „how, why, who?“. Sturm hält das für „Schwarzweiß-Denken“.
Spannend wird es, wenn Aufmerksamkeitsmaschine documenta im September endet. Ob die lumbung Gallery dann weiterbestehen kann, wird sich zeigen. Heller arbeitet bereits an einer Stiftung, die übernehmen soll, wenn die Anschubfinanzierung durch die documenta endet.
Gespannt beobachtet jedenfalls Mela Dávila Freire, die Chronistin der gescheiterten documenta-Marktversuche der ersten Stunde, den Versuch, den Markt mit einer Kooperative auszuhebeln. „Der Versuch ist unglaublich wichtig“ sagt sie.
Ein Schweinsgesicht mit Davidsstern. Eine Visage mit Schläfenlocken, Reißzähnen und SS-Runen. Es ist richtig, dass das Werk „People’s Justice“ der indonesischen Künstler:innengruppe Taring Padi auf der documenta abgehängt wurde.
Antisemitismus ist keine „kulturspezifische Erfahrung“, wie das Kollektiv sich verteidigte. Antisemitismus ist ein globales Übel. Er ist immer und überall zu verurteilen, nirgendwo darf ihm ein Podium geboten werden.
Die documenta wegen dieses Wimmelbildes jetzt unter Generalverdacht zu stellen, ist aber unredlich. Es macht aus den großartigen Installationen von 1500 Künstlerinnen aus aller Welt, die in Kassel ja auch noch ausstellen, keine „Antisemita“, wie der Publizist Sascha Lobo in einem Anfall von Infamie schrieb.
ruangrupa und Taring Padi sind keine notorischen Antisemiten oder U-Boote des BDS. Sie entstammen der Oppositionsbewegung gegen den Diktator Suharto. Durch ihre jahrzehntelange Arbeit im internationalen Kunstbetrieb zieht sich keine rechte Schleimspur.
Natürlich kann der Fall Suharto kein Feigenblatt für die Hassstandards gegen das für Verschwörungstheorien stehende Finanzjudentum sein. Dennoch: Wieso finden sich dieselben Motive nicht in ihren vielen hundert anderen Werken?
Und Stichwort Schweinskopf: Gibt es womöglich doch so etwas wie eine Differenz der Zeichen zwischen den Kulturen, die aufzuklären auf einer Weltkunstschau Sinn machen könnte? Oder ist „People’s Justice“ ein später Beweis für die „Migration der Form“, der die documenta 12 vor 15 Jahren nachspürte – ihr Wandern über kulturelle und geographische Grenzen?
Das Bild, das die deutsche Kunstszene ins Wanken brachte, scheint eindeutig – es ist aber komplex. Lassen wir einmal den Effekt beiseite, dass es plötzlich wie die Fratze der verdrängten Nazi-Vergangenheit der documenta wirkt.
Für einen Moment öffnete das böse Werk ein Fenster in die Kolonialgeschichte: Was wissen wir über die Rolle der europäischen Staaten, auch Deutschlands, bei der niederländischen Kolonisierung Indonesiens? Was von dem Antisemitismus und dem Rassismus, den die Kolonialmächte importierten?
Hat der indonesische Antisemitismus, der uns jetzt im Bild von Taring Padi so widerlich entgegenspringt, auch etwas mit dieser wenig aufgearbeiteten Geschichte zu tun? Was wissen wir über die europäische Unterstützung der Diktatur Suhartos und seinem Genozid an Millionen vermeintlicher Kommunisten?
Vielleicht ist uns Indonesien näher, als uns bewusst ist. Es war der deutsche Ethnologe Adolf Bastian, der Gründer des Berliner Museums für Völkerkunde, dem heutigen Ethnologischen Museum im Humboldt-Forum, der den Namen Indonesien erfand.
Erinnert sich noch jemand daran, dass Karl Carstens, der damalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt in Bonn, später dann Bundespräsident, Mitte der sechziger Jahre in mehrere verdeckte Waffenlieferungen unter Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes eingebunden war, die eine antikommunistische Säuberungsaktion unterstützen sollten?
Rücktritte von Claudia Roth oder der documenta-Verantwortlichen lösen das tiefersitzende Problem nicht. Das jüngste Schuld-Eingeständnis von ruangrupa sieht Miki Lazar von der Jüdischen Gemeinde Kassel als ein positives Zeichen.
Die größte anzunehmende Krise der documenta könnte die Chance auf einen kollektiven Lernprozess sein: Über die globale Geschichte des Antisemitismus. Über die verzerrte Wiederkehr des Kolonialen. Über verantwortliches Kuratieren.
Wenn es Kunst, Wissenschaft und Politik gemeinsam schaffen, dieses Schlammloch auslöffeln, könnte das zum späten Erfolg der Idee werden, die Adam Szymczyk auf der documenta 14 im Jahr 2017 propagierte, aber nicht recht gelang: Learning from the South- Vom Süden lernen.
„Wir sind aufgewachsen im Nichts, in einer kulturellen und moralischen Wüste. Malen! Ich versuche, zu malen, ich habe mir in den Kopf gesetzt, ein guter Maler zu werden, ist das nicht Wahnsinn, nach allem, was geschehen ist?
Nach dem 2. Weltkrieg war Winfred Gaul verzweifelt. 1928 in Düsseldorfer geboren, musste er noch 1944 als 16jähriger an die Ostfront. Nach dem Kunststudium schloss er sich 1955 der Künstlerbewegung Informel an, dem europäischen „Zweig“ der Abstraktion.
Diese wird heute meist als formale Spielerei ohne gesellschaftliche Relevanz abgetan. Es ist nicht das geringste Verdienst der Ausstellung im Potsdamer Museum Barberini, dem privaten Kunstmuseum des IT-Unternehmers Hasso Plattner, dass sie die politisch-existenziellen Motive hinter der Loslösung von der Gegenständlichkeit sichtbar macht. Der Versuch eines ästhetischen Neuanfangs war auch eine Reaktion auf das Trauma des Nationalsozialismus.
Das einte einen Maler wie den Deutschen Winfred Gaul, den immerhin der US-Kritikerpapst Clement Greenberg 1961 zu einer Residency in die USA einlud, mit einem Mann wie Jackson Pollock – dem amerikanischen Halbgott des Abstrakten Expressionismus mit seinem Interesse an dem kollektiven Unbewussten oder mit einem Künstler wie Wols. Die schrundigen Leinwände des 1912 in Berlin geborenen und 1932 nach Paris emigrierten Künstler erinnerten an klaffende Wunden.
In der öffentlichen Wahrnehmung gilt der Abstrakte Expressionismus gemeinhin als Produkt des „all american boys club“ von Pollock bis Rothko. Zu den nachgerade sensationellen Seiten der Schau gehört die Erkenntnis, wie stark Frauen, vor allem aus Osteuropa, an seiner Entstehung beteiligt waren.
Programmatisch eröffnet Kurator Daniel Zamani die Schau mit Janice Bialas „Stilleben mit drei Gläsern“ aus dem Jahr 1962. Das Bild der 1903, im damals zu Russland gehörenden Polen geborenen, jüdischen Künstlerin, die 1913 in die USA auswanderte, zeigt den freien Umgang mit Form und Farbe.
Obwohl die enge Freundin Willem de Koonings zum engeren Umfeld der Abstrakten Expressionisten zählte, wurde sie von Kritikern wie Harold Rosenberg, der 1952 den Begriff des Action Painting prägte, damals kaum beachtet.
Hierzulande unbekannt sein dürfte auch eine Künstlerin wie Janet Sobel. Zamani stellt das fein verschlungene Werk „Illusion der Festigkeit“ von 1945 der 1893 geborenen, ukrainisch-amerikanischen Künstlerin einem der Werke Jackson Pollocks gegenüber. Von ihr bezog er die Inspiration zu seinen Drippings.
So beredt, opulent und qualitätsvoll die Ausstellung anhand von 97 Werken von 52 Künstler:innen die Entstehung einer neuen Kunstauffassung von der impressionistisch geprägten Farbfeldmalerei eines Sam Francis bis zu der Aktionsmalerei des deutschen Informel a la K. O. Götz oder Bernard Schultze auffächert, so indifferent bleibt sie gegenüber ihren ideologischen Implikationen.
Die Instrumentalisierung von expressiver Gestik und individuellem Ausdruck als Symbol politischer Freiheit und „Waffe im Kalten Krieg“ (so die US-Street-Art-Künstlerin Eva Cockroft) durch die CIA ist mittlerweile gut dokumentiert.
Das unausgesprochene Fazit der Schau ist, dass diese Kunstrichtung viel zu vielgestaltig war, als dass sie so umstandslos als Propagandakunst abzutun wäre, wie das im kritischen Kunstdiskurs gelegentlich geschieht.
In er Tat stand der Abstrakte Expressionismus in all seinen Facetten dem humanistischen Existenzialismus eines Jean-Paul Sarte oder Albert Camus näher als dem heroischen Individualismus des American Way of Live.
Dennoch bleibt es ein Dilemma der Ausstellung, dass die Schau schon im Titel den Mythos der „Abstraktion als Weltsprache“ reproduziert – einer Setzung, die in einem Moment der Dekolonialisierung des westlichen Kunstkanons fragwürdig erscheint. Denn Abstraktion wird hier rein westlich definiert und rekonstruiert.
Gerade weil Kurator Daniel Zamani diese Kunstrichtung aber nicht als transatlantisches Schisma und US-Triumph, sondern als „kreatives Wechselspiel“ zwischen den (meist eng befreundeten) Künstler:innen in den USA und in Westeuropa zeigen will, hätte es nahegelegen, auch die außereuropäischen Verbindungen anzudeuten.
Kein Zweifel: Diese Kunstrichtung war nichts weniger als eine Revolution. Sie brach radikal mit der kunsthistorischen Tradition, schaffte eine hierarchiefreie Kunst von unerhörter Suggestivwirkung und Energie. Global gesehen ist sie aber nur eine Form, ein Teil der Freiheit.
Die Form der Freiheit. Internationale Abstraktion nach 1945. Museum Barberini, Potsdam. Noch bis zum 25. September. Katalog, Prestel-Verlag, 34 Euro.
Eine Frau mit glasigem Blick, die Brust entblößt, in der Hand hält sie einen Schädel. Deneth Piumakshi Veda Arachchiges Arbeit „Self Portrait As Restitution“ wirkt wie ein Leitbild der 12. Berlin-Biennale. Die französische Künstlerin mit srilankischem Hintergrund posiert als Bewahrerin des Erbes der indigenen Adivasi auf der früher Ceylon benannten Insel. Der Schädel stammt aus dem Raubzug zweier Schweizer Naturforscher aus dem 19. Jahrhundert. Arachchige hat ihn aus einem der Archive befreit, in denen sie das Schicksal ihrer Ahn:innen recherchierte.
Die Biennale, auf der die Arbeit prominent zu sehen ist, gleicht einem postkolonialen Katasteramt. Ein gewisser Deja-vu-Effekt stellt sich ein, laborierte doch schon die 11. Ausgabe an demselben Thema. Alle Gräueltaten der letzten 200 Jahre Kolonialgeschichte werden auf der „Present! Still!“ betitelten Schau akribisch vermessen. Der Subtext ist „Repair“.
Der Wunsch nach Reparatur, Heilung war schon das große Thema Kader Attias im Jahr 2012. Auf der documenta 13 zeigte der 1970 in Frankreich geborene Künstler mit algerischen Wurzeln seine phantastischen Skulpturen geflickter Soldatengesichter.
So kongenial wie er damals das koloniale Trauma symbolisierte, schaffen das nur wenige der 85 Künstler:innen der von ihm kuratierten Biennale. Attia spickt seine Anklageschrift gegen den Kolonialismus nämlich mit zu vielen dokumentarischen (Beweis-)Videos. Jean-Jacques Lebel treibt diesen Realismus mit seinem peinigenden Labyrinth aus Folter-Bildern der US-Armee nach der Besetzung Bagdads 2003 auf eine problematische Spitze.
Selten übersteigen Arbeiten diesen Ansatz so faszinierend wie die orangefarbenen „Kotzmädchen“ der vietnamesisch-australischen Künstlerin Mai Nguyen-Long, die auf den Einsatz des Gifts „Agent Orange“ im Vietnam-Krieg anspielen: Eine Mischung aus Edvard Munch und Frida Kahlo.
Biennalen sind keine Wohlfühlcamps für Familiensonntage. Sie sollen experimentieren, herausfordern, neuen, auch schmerzhaften Formen der (Welt-)Wahrnehmung den Weg ebnen. In die Nähe des Traums und der Imagination, die Attia dann paradoxerweise in einem brillanten Essay zur postkolonialen Debatte als Mittel des Widerstands gegen die „algorithmische Governance“ im „Zeitalter des Überwachungskapitalismus“ beschwört, kommen nur wenige Arbeiten.
In Raed Mutars titellosem Ölgemälde, auf dem ein melancholisch blickender Mann seinem halbnackten Gegenüber mit grüner OP-Maske eine Infusion in den Mund tropft, spürt man so etwas wie einen Ausweg aus dem kolonialen Trauma: persönliche Nähe, praktizierte Solidarität.
Das Ende der documenta? Bis vor kurzem schien eine solche Perspektive undenkbar. Die 1955 gegründete Weltkunstschau im nordhessischen Kassel zählt zu den festen Größen im Kunstbetrieb wie die Pyramiden in Ägypten oder die Oscar-Gala. Nun sieht sie sich einer diskursiven Zangenbewegung gegenüber, die erstmals ihre Existenz gefährden könnte.
Im Februar 2019 war die überraschende Berufung des indonesischen Kollektivs ruangrupa zu den Kurator:innen der 15. Ausgabe, die am 18. Juni eröffnen soll, noch wohlwollend aufgenommen worden. Der ganz große Ärger begann in diesem Januar, als ein anonymer Beitrag in dem Blog „Bündnis gegen Antisemitismus Kassel“ der „documenta fifteen“ (d15), wie sich die Schau diesmal nennt, eben diesen vorwarf.
Der Vorwurf gegen die als documenta-Teilnehmer eingeladene palästinensische Gruppe „The Question of Funding“, die in einem Kulturzentrum in Ramallah arbeitet, das nach dem arabischen Nationalisten Khalil al-Sakakini (1878-1953) benannt ist, erwiesen sich zwar bald als haltlos.
Das hinderte die deutsche Presse von FAZ bis Zeit nicht daran, den tendenziösen Text eines unbekannten Antideutschen, gehörig hoch zu jazzen. Diese Fraktion der radikalen Linken identifiziert jede noch so marginale Israel-Kritik als Wiederkehr des eliminatorischen Antisemitismus, der den Holocaust möglich gemacht habe.
Wider besseres Wissen malte die deutsche Publizistik das Schreckgespenst einer antisemitischen Verschwörung in Kassel an die Wand. Plötzlich gerieten nicht nur Teile des Künstlerischen Teams der documenta wegen angeblich israelkritischer Haltung unter Antisemitismus-Verdacht, sondern sogar die neue deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth.
Die linke Grünen-Politikerin hatte im Mai 2019 die vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Resolution gegen die Bewegung „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) abgelehnt, die das Existenzrecht Israels in Frage stellt und zum wirtschaftlichen und kulturellen Boykott des Staates aufruft. Ihre Begründung: nicht alle BDS-Unterstützer seien automatisch antisemitisch.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland schaltete sich ein, reklamierte Mitsprache bei der Auswahl der Diskutanten einer eilends anberaumten, dann wieder abgesagten Podiumsdiskussion der documenta zum Thema. Ihr Titel „Wir müssen reden!“.
Den Gipfel erreichte die vornehmlich von der Springer-Zeitung „Welt“ angeheizte Kampagne, als sie die d 15 als Beleg dafür nannte, wie die woke Kunstwelt überhaupt systematisch israelische Künstler marginalisiere.
Noch jede documenta generiert im Vorfeld erhebliches Erregungspotential. Mal ist es ein erratisch agierender Kurator, mal sein abstruses Konzept. Daran kann es diesmal nicht gelegen haben, dass es plötzlich schien, die documenta sei ausgerechnet von der liberalen Öffentlichkeit zum Abschuss freigegeben.
Auch nicht an der bis dahin ziemlich vagen „Lumbung“-Idee von ruangrupa. Die Reisscheune, die sie mit dem Wort aufrufen, steht als Metapher für eine Ökonomie gemeinschaftlicher Ernte und Teilens. Wie die fröhliche Truppe das in Kunst übersetzen würde, ist selbst wohlmeinenden Beobachtern bis heute schleierhaft.
In dem documenta-Streit verschlingen sich diverse Fäden der deutschen Debattenkultur zu einem Gordischen Knoten. Das Ritualhafte der Vorwürfe erinnerte an die – ihrerseits stark umstrittene – Kritik des amerikanischen Historikers A. Dirk Moses an den „Hohepriestern des Katechismus der Deutschen“, dessen fünfte Überzeugung da laute: „Antizionismus ist Antisemitismus“.
Die Bemerkung der FAZ zu Beginn des Streits, bei dem „überwiegend aus Angehörigen des Islam“ bestehenden Kollektiv dürfte „ein Bewusstsein für jüdische Belange eher schwach entwickelt sein“, offenbarte dagegen einen rassistischen Unterton.
Manifest wurde der plötzlich in den Slogans „Freiheit statt Islam! Keine Kompromisse mit der Barbarei! Islam konsequent bekämpfen!“, mit denen Unbekannte im April das „ruruHaus“, das Hauptquartier der Kurator:innen im Kasseler Stadtzentrum beklebten. Wenig später legten andere mit den Schmierereien „187“ und dem Namen „Peralta“ nach – Hinweise auf die Todesstrafe in Kalifornien und eine spanische Rechtsextremistin.
Die an die McCarthy-Ära erinnernde Unduldsamkeit, mit der ein Teil der Öffentlichkeit (die sonst für absolute Kunstfreiheit eintritt) ein spezifisch deutsches Dispositiv wie die (international umstrittene) BDS-Resolution militant zum Kriterium für akzeptable Kunst erhebt, muss Künstler:innen des globalen Südens wie intellektueller Rassismus vorkommen.
Und nur wenige Jahre nach dem Mord an dem Kasseler Kiosk-Besitzer Halit Yozgat, dem CDU-Politiker Walter Lübcke, dem ehemaligen Kasseler Regierungspräsidenten, sowie den tödlichen Anschlägen im hessischen Hanau vom Februar 2020 steht plötzlich auch wieder die Gefahr eines mörderischen Rassismus im Raum – diesmal gegen Künstler:innen.
Spätestens an diesem Punkt avancierte die documenta zum Punching-Ball eines Stellvertreterkrieges, in dem sich Postkolonialismus, Erinnerungspolitik und der Links-Rechts-Kampf um intellektuelle Deutungshegemonie überkreuzten.
In diesem Fight agiert ruangrupa noch immer reichlich unbeholfen. Einerseits setzt das Kollektiv ausdrücklich auf eine aktivistische, gesellschaftskritisch motivierte Kunst. Andererseits wies sie Kritik an ihrem Konzept und den Künstler:innen-Einladungen mit dem Hinweis auf die Kunstfreiheit zurück.
Zudem verzichtete die Gruppe darauf, die in den letzten drei Jahren ans Tageslicht beförderte Nazi-Vergangenheit der documenta in ihrer Schau zu thematisieren.
Mit der Entdeckung der NSDAP- und SA-Mitgliedschaft von Werner Haftmann, neben Arnold Bode einer ihrer legendären Gründerväter, ist der Mythos der documenta als kultureller Neuanfang nach 1945 geplatzt, das Symbol des besseren Deutschlands zeigt tiefe Risse.
Den Anstoß gaben Wissenschaftler:innen von außen, nicht etwa Institutionen wie das documenta-Archiv. Das Deutsche Historische Museum in Berlin präsentierte im vergangenen Sommer die Fakten erstmals einer größeren Öffentlichkeit. Solange die documenta selbst aber ihre Geschichte nicht aufarbeiten will, läuft sie Gefahr, darin unterzugehen.
Wahlrecht für Hunde und Erdbeeren. Erinnert sich noch jemand an Carolyn Christov-Bakargiev? Als die Kunsthistorikerin vor ziemlich genau zehn Jahren auf der documenta 13 in Kassel die Idee einer Kunst jenseits des Menschen promotete, versetzte sie die Kunstfreunde wahlweise in Weißglut oder in Entzücken. Wie unbeirrbar sie am Topos des Posthumanen festhält, ließ sich vor kurzem in Turin erneut in Augenschein nehmen.
2015, drei Jahre nach ihrem Abgang aus Kassel, war die Frau, die auf der jährlichen Liste der einhundert einflussreichsten Persönlichkeiten der Kunstwelt regelmäßig auf einer der vorderen Plätze rangiert, zur Direktorin des dortigen Castello Rivoli ernannt worden, dem 1984 unter der Ägide von Rudi Fuchs wiedereröffneten, ältesten Kunstmuseum Italiens.
Dem royalen Prachtgemäuer, das die größte Sammlung der Arte Povera besitzt, verschaffte sie mit ihrem Prestige und der Crème de la Crème der kritischen internationalen Kunstszene enormen Auftrieb. Think Big war immer das Motto der streitbaren Intellektuellen, die schon die Biennalen in Sydney, Kassel und Istanbul kuratiert hat.
Auch „Espressioni con frazioni“, ihrer jüngsten Schau im Rivoli ist anzumerken, dass Bakargiev gleichsam von Natur aus in Biennale-Dimensionen denkt und arbeitet: Von William Kentridge über Anna Boghighuian bis zu Julie Mehretu reicht der Parcours, der keiner kleineren Frage nachgeht wie der, wie sich die menschlichen Ausdrucksformen seit Beginn der menschlichen Geschichte geändert haben – ein kolossaler Parforceritt durch mehrere hundert Jahre Kunstgeschichte.
Dass sie als Clou der Schau auch „Beeple“ alias Mike Winkelmann eingeladen hat, den amerikanischen Digitalkünstler, Grafiker und Informatiker aus South Carolina, der seit der Versteigerung seines NFT-Werks „Everydays: The first 5000 days“ für 69,3 Millionen Dollar bei Christies im Frühjahr 2021 zum neuen Mega-Star der Kunstszene aufgestiegen ist, ist nicht nur mit dem derzeit bei vielen italienischen Kunstmuseen zu beobachtenden Trend geschuldet, ihre Attraktivität mit Ausstellungen zu dem neuen Fetisch zu steigern.
Beeple markiert vor allem einen weiteren Schritt in Richtung Posthumane. In „Human One“, seiner kinetische Videoskulptur für das Rivoli wandert ein Astronaut unaufhörlich durch eine sich ständig verändernde Landschaft. Per Blockchain hat der Künstler das Werk, eine Weltpremiere, so programmiert, dass kein Moment dieses Loops dem anderen gleicht. „Der erste Mensch im Metaverse“ jubelte Bakargiev zur Eröffnung.
Die Kunstpionierin hat ihrem Haus nicht nur eine soziale Öffnung verordnet: Zu Beginn der Pandemie funktionierte sie es zum Impfzentrum um, machte es zum Safe Space für Künstler:innen aus Afghanistan, denen sie mit Hilfe der italienischen Regierung zur Flucht aus dem Land nach dem Abzug der Amerikaner verhalf.
Mit Beeples spektakulärem Werk dürfte die innovationsfreudige Königin der Biennalen mit Hang zur Philosophie ihrem jüngsten Wunsch einen Schritt näher gekommen zu sein, als erste ein „Museum der Nichtmenschlichen Kultur“ zu kreieren.
Selbst wenn CCB, wie die Anhänger der starken Kuratorin Bakargiev gern nennen, eines Tages nicht mehr als solche arbeiten wird, bleibt ihr Lieblingsthema in der Familie.
Ihre Tochter Lucia Pietroiusti, Gründerin des „General Ecology Project“ an der Londoner Serpentine-Gallery, hat (zusammen mit Filipa Ramos) gerade mit Bravour die 8. Gherdëina-Biennale im Südtiroler St. Anton kuratiert, die sich unter dem Titel „Persones – Persons“ den Persönlichkeitsrechten von Bäumen, Seen, Steinen und Fischen widmet.