Kaiserwetter, lange Schlangen vor den Hangars, keine Konkurrenz. Dass die Berliner „Positions Art Fair“ einmal zum Vorzeigemodell werden würde, damit hatten Kristian Jarmuschek und Heinrich Carstens, die Organisatoren der Schau, wohl nicht gerechnet.
Während überall auf der Welt die Kunstmessen abgesagt wurden, avancierte der bisherige Pilotfisch des Berliner Kunstmessegeschehens plötzlich zum Signal des Überlebenswillens einer in den Abwärtssog der globalen Pandemie geratenen Branche.
Der Flickenteppich aus der im April abgesagten „Paper Positions“, der „Foto Basel/Berlin“ und der „Fashion Position“, mit Design aus Berlin, den die beiden Messechefs in zwei Hangars des Tempelhofer Flughafens für die Art Week zusammenschoben hatten, war mehr eine Notgeburt: Ganz ohne messeähnlichen Auflauf sollte die Art Wekk dann doch nicht bleiben.
Mit rund 130 Ausstellern aus 50 Ländern wirkte sie aber plötzlich wie die Kunstmesse, die Berlin schon immer haben wollte, die ihr aber nie wirklich gelang. Vergessen all die verkrampften Versuche der Berliner Kunstmessen-Etablierung vom elitären Art Forum bis zur prätentiösen abc.
Die Verkaufs-„Messe in St. Agnes“, mit der Galerist Johann König schon zum zweiten Mal die ausgefallene Art Basel – auf eigene Kosten – zu kompensieren suchte, ist trotz 800 Objekten doch zu sehr ein solitär zusammengestricktes One-Man-Event, als dass sie die gleiche Ausstrahlung hätte wie die Positions in den alten Flughangars.
Und die Ausstellung „K60“, in der die sieben Berliner Galerien alexander levy, BQ, ChertLüdde, Klemm’s, Kraupa-Tuskany, Plan B und PSM in dem denkmalgeschützten Gebäude einer ehemaligen Eisengießerei in Berlin-Reinickendorf auf 3000 Quadratmetern 23 Künstler*innen zu einer Präsentation von Videoarbeiten, Skulpturen und Mixed Media Installationen eingeladen hatten, firmierte dann doch mehr unter konzeptueller Geheimtipp.
Dass die „Positions“ nun zur „Abbildung aktueller Kunstdiskurse“ beigetragen hätte, wie die Veranstalter etwas vollmundig angekündigt hatten, lässt sich freilich nur schwer behaupten. Dazu konzentrierte sich das Angebot dann doch zu sehr auf Malerei der verkaufsträchtig bunten Art.
Aber auch in diesem Malstrom des Mainstream ließen sich Entdeckungen machen wie die kleine, zerfließende Porträtzeichnung von Altmeister Max Uhlig bei der Berliner Galerie Brusberg oder die wie Wunden aufklaffenden Porträtfotos des jungen Künstlers und Aktivisten Imraan Christian aus Kapstadt bei der Galerie Artco.
Mit den „Academy Positions“, bei denen AbsolventInnen von Kunsthochschulen erstmals präsentieren durften und den auffällig vielen Modelabels, die mit Recycling-Techniken experimentierten, gewannen die Veranstalter diesem scheckigen Jahrmarkt sogar noch eine Art perspektivischen Gemeinnutzen ab.
Im Wesentlichen lebte die Messe freilich von dem Willen der Kunstliebhaber*innen nach der Begegnung, die sich bei den vielen, stillen „Soft Openings“ der Art Week, Biennale inklusive, immer nur wie unter Schalldämpfer vollzog. Dass der ganze, so splendide wie exklusive VIP-Zirkus der Art Week in diesem Jahr fehlte, war erholsam. Ganz ohne Face-to-face-Kontakt macht auch die entschlackteste Art Week keinen Spaß.
Jedenfalls funktionierte die „Positions“ nach dem Prinzip der aus unerledigten Quarantäne-Energien gespeisten Projektion: Trotz Masken, ausgeklügelter Leitwege, Temperaturmessung und strikt eingehaltener Hygieneregeln konnte man auf dem quirligen Parcours in den wunderbar abgewrackten Hallen so tun, als sei alles wie früher – Wiederholung, Fortsetzung, Neuaufnahme dringend erwünscht.