Schwere Quader aus Stein. Der Künstler Olafur Eliasson hatte den Weg in seine große Ausstellung „Innen Stadt Außen“ vergangenes Frühjahr im Martin-Gropius-Bau nicht ohne Grund mit Gehwegplatten gepflastert. Mit der Installation wollte er an das aufregende Leben im Berlin der Nachwendezeit erinnern. Die politischen und kulturellen Räume, die sich damals öffneten, hatten den 1967 geborenen Dänen künstlerisch mehr geprägt als seine Ausbildung an der Kunstakademie Kopenhagen. 1994 zog er an die Spree.
Irgendeine Idee von Öffnung muss auch hinter Eliassons jüngstem Vorschlag stehen. Pünktlich zum Start des neuen Berliner Senats hat der Künstler ein „Stipendium“ ausgeschrieben – für Politiker der Hauptstadt. Damit will er „eine direkte Auseinandersetzung zwischen politischer und künstlerischer Praxis“ anschieben, erläuterte er in dieser Woche seine ungewöhnliche Idee.
Der Stipendiat soll sechs Monate in Eliassons „Institut für Raumexperimente“ mitarbeiten. Das von dem Künstler an der Universität der Künste betriebene Studio ist kein Workshop für Stadtplaner. Sondern in erster Linie eine „Schule der Fragen, der Unsicherheit und des Zweifels“. Eine Schule also wie gemacht für Klaus Wowereit.
Die meisten erleben Politik so wie Eliasson: „dogmatisch, starr, unflexibel und populistisch“. Kreativität ist das eine, was Kunst der Politik voraushat. Aber auch die Fähigkeit, einer Idee eine Form zu geben. Wer sich an die diversen Allianzen zwischen Ästhetik und Politik im 20. Jahrhundert erinnert, wird einem gewissen Sicherheitsabstand zwischen beiden freilich auch etwas abgewinnen.
Wenn die Politik von der Kunst etwas lernen kann, dann vom Prinzip Aufklärung durch Selbstaufklärung: „Ich glaube, das Potential von Kunst ist es, unsere Selbstreflexivität oder Selbstkritikalität zu verschärfen“, verteidigt Eliasson sein Stipendium. Wer wollte bestreiten, dass nicht nur die Berliner Politik hier einen gewissen Nachholbedarf hat?