„Freiwillig gebe ich nichts zurück, nein, nein.“ So hatte “Der Spiegel” den Münchener Kunstsammler Cornelius Gurlitt noch im letzten November zitiert. Nun hat sich der 81jährige bereit erklärt, alle unter Raubkunstverdacht stehenden seiner 1400 konfiszierten Bilder freiwillig auf ihre Herkunft untersuchen zu lassen. Und infrage kommende Bilder zurückzugeben. Im Gegenzug endet ihre Beschlagnahme.
Der Vertrag, den Gurlitt, Bayern und die Bundesregierung gestern geschlossen haben, ist ein juristischer Punktsieg für Gurlitt. Der zeigt, auf welch schwachen Füßen das Vorgehen der Augsburger Staatsanwaltschaft stand. Er liefert aber auch dem Ausland das Signal: In Deutschland bewegt sich was in Sachen Raubkunst! Den strukturellen Skandal kann die Vereinbarung freilich nicht vergessen machen: Ein unheiliges Bündnis aus einem Staat, der die Verjährungsfrist nicht verlängerte, Raubgutbesitzern ohne Unrechtsbewusstsein, Museen, Auktionshäusern und Galeristen hat bis heute dafür gesorgt, dass mit Bildern aus NS-Raubgut gehandelt wird.
Nicht wenige Häuser verfuhren auch noch nach der Washingtoner Erklärung von 1989, in der sich 44 Staaten verpflichtet hatten, für Raubkunstfälle eine “gerechte und faire Lösung” zu finden, nach dem Motto: Schwamm drüber. Gurlitt muss klar geworden sein, dass er angesichts der Vita seines Vaters Hildebrand nicht einfach an seinem Eigentumsrecht festhalten konnte. Die Vereinbarung ist dennoch “historisch”, wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters meinte. Auch wenn es dem öffentlichen Druck geschuldet war. Hier hat eine Privatperson mehr Aufklärungswillen und moralische Verantwortung gezeigt, als der Staat oder viele deutsche Museen in den vergangenen siebzig Jahren. Dass die Vereinbarung anderen Sammlern und Museen zum Vorbild wird, wie Grütters hofft, glauben wir erst, wenn wir es sehen. Von wegen “Der seltsame Herr Gurlitt” (Arte-Doku). Vorerst muss es heißen: Ein alter Mann beschämt Deutschland.