Ein junger Mann in Schwarz, einen Hammer in der Hand, tritt an einen hochkant stehenden Betonquader. Mit einem gezielten Schlag stürzt er ihn um und hämmert solange manisch darauf ein, bis nur noch Trümmer auf dem Boden liegen. Ohne sich umzublicken zieht er von dannen. „Radikal und friedlich zugleich“ weiterlesen
Kemal Kılıçdaroğlu: Der Sisyphos der Demokratie
Die Hoffnung nicht aufgeben. „The Wild Pear Tree“, der jüngste Film des türkischen Filmemachers Nuri Bilge Ceylan, mag nicht sein bester sein. Aber als Metapher für die Verhältnisse in der Türkei taugt seine Schlussszene allemal. Verbissen versucht der junge Lehrer Sinan da auf dem harten Boden eines Brunnens mit der Spitzhacke die Quelle freizulegen, die das verdorrte Grundstück seines Vaters doch noch zum Blühen bringt. „Kemal Kılıçdaroğlu: Der Sisyphos der Demokratie“ weiterlesen
Osman Kavala, oder: Das System aus Willkür und Unrecht
„Es schmerzt, zu erkennen, dass ein Staat keinen Wert auf die Freiheit der eigenen Bürger legt.“ Kein Funken Verzweiflung lag in dem Satz, den Osman Kavala seinen Freunden Mitte Oktober aus dem Gefängnis schrieb. Stattdessen gab er sich so, wie man ihn kennt: mit klarer politischer Haltung, ohne übertriebenes Aufheben von seiner Person zu machen. Grund dazu hätte er: Seit über einem Jahr sitzt der Istanbuler Ex-Unternehmer nun in denselbem Gefängnis in Einzelhaft, in dem schon Deniz Yücel und Peter Steudtner einsaßen. „Osman Kavala, oder: Das System aus Willkür und Unrecht“ weiterlesen
Sao Paulo-Biennale: Experiment gescheitert
„Affective Affinities – Gefühlsverwandtschaften“, der Titel der 33. Biennale von São Paulo kommt emotional daher. Doch das Motto, das Kurator Gabriel Pérez-Barreiros für seine Schau Goethes „Wahlverwandtschaften“ entlehnt hat, hat es in sich. Dem Kunsthistoriker, im Nebenberuf Chef der privaten Cisneros-Kunstsammlung in New York und Caracas, will mit seinem Ansatz das klassische Modell der politischen Themen-Biennalen aus den Angeln heben. Statt selbst einen Parcours in Oscar Niemeyers Biennale-Pavillon im Herzen São Paulo zu legen, lud er sieben Künstler*Innen je eine Schau Ihrer Wahl zu kuratieren. „Sao Paulo-Biennale: Experiment gescheitert“ weiterlesen
Ästhetik des Widerstands
Als türkische Richter vor zwei Jahren die kurdische Künstlerin Zehra Doğan fragten, ob sie Fotos von Häusern in Kurdistan mit türkischen Flaggen versehen habe, antwortete die junge Malerin und Journalistin: „Sie haben dieses Bild gemalt, nicht ich“. Mit denselben Worten hatte Picasso einst einen deutschen Soldaten in Paris beschieden, der ihn fragte, ob er das Bild „Guernica“ gemalt habe – eine Ikone der politischen Kunst. Picassos Antwort sollte zeigen: Dass dieses Bild überhaupt nötig geworden war, das war allein die Schuld der Deutschen. „Ästhetik des Widerstands“ weiterlesen
Wunsch nach Wandel
236 Tage. Seit fast acht Monaten sitzt Osman Kavala heute im Knast. Am 18. Oktober letzten Jahres wurde der Istanbuler Kunstmäzen verhaftet. Seitdem sitzt er im berüchtigten Gefängnis von Silivri. Bis heute gibt es keine Anklageschrift gegen den sanftmütigen Philanthropen und Vorsitzenden der Stiftung Anadolu Kültür. „Wunsch nach Wandel“ weiterlesen
Ngcobo: Keine Lust auf Helden der Kunst
„Erste schwarze Kuratorin“. Fest haftet dieses (Medien-)Etikett an Gabi Ngcobo, seit die afrikanische Künstlerin und Kuratorin im Dezember 2016 als neue Kuratorin der 10. Berlin-Biennale (BB) benannt wurde. Einerseits ist das verständlich. „Ngcobo: Keine Lust auf Helden der Kunst“ weiterlesen
AA Bronson: Kunst als Therapie
„Kunst als Therapie“ – als der Bestsellerautor Alain de Botton vor ein paar Jahren ein Buch diesen Titels veröffentlichte, läuteten bei der Kritik alle Esoterik-Alarmglocken. Zu skurril klang seine Idee, dass die Betrachtung von Edouard Manets Spargelbund die beste Medizin gegen Liebeskummer sei. Womöglich könnte an dem Zusammenhang aber doch etwas dran sein. Das zeigt ein Blick auf Leben und Werk des amerikanischen Künstlers AA Bronson. „AA Bronson: Kunst als Therapie“ weiterlesen
Zum Tod von Ekkehart Krippendorff
„Internationale Politik“, „Friedensforschung“. Wegen Büchern wie diesen – allesamt noch immer Standardwerke – geht Ekkehart Krippendorff bis heute als Politikwissenschaftler durch. Das trifft natürlich zu. Schließlich hatte der 1934 in Eisenach Geborene 1959 bei Theodor Eschenburg promoviert. „Zum Tod von Ekkehart Krippendorff“ weiterlesen
Kunst ist keine Erziehungsdiktatur
„Weg mit dem Schmutz!“ Mit diesen Worten beschwor Michel Abdollahi im Herbst 2016 die Hamburger. Zwei Wochen lang hatte der Künstler die Skulptur eines riesigen Küchenschwamms in die Hafencity gelegt. „Wir müssen uns wehren, wir dürfen uns nicht daran gewöhnen“ verteidigte er seine spektakuläre Aktion gegen Populismus, Minderheitenhetze und Rassismus. Wenn der Kulturkampf gegen rechts so einfach wäre, wie es diese fröhliche Reinigungsfantasie suggeriert. „Kunst ist keine Erziehungsdiktatur“ weiterlesen