„Weg mit dem Schmutz!“ Mit diesen Worten beschwor Michel Abdollahi im Herbst 2016 die Hamburger. Zwei Wochen lang hatte der Künstler die Skulptur eines riesigen Küchenschwamms in die Hafencity gelegt. „Wir müssen uns wehren, wir dürfen uns nicht daran gewöhnen“ verteidigte er seine spektakuläre Aktion gegen Populismus, Minderheitenhetze und Rassismus. Wenn der Kulturkampf gegen rechts so einfach wäre, wie es diese fröhliche Reinigungsfantasie suggeriert.
Natürlich ist diese Art politischer Mobilisierung der Kunst, wie sie mit der Documenta 14 ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, weder illegitim, noch ist sie eine Erfindung des Zeitalters der Biennalen. Otto Dix‘ Triptychon „Der Krieg“ gehört heute zum Kanon bewunderter Meisterwerke, zu dem der Bildungsbürger sonntags in‘s Albertinum pilgert. 1932 entfachte der Maler damit einen Sturm der Entrüstung.
Seine politische Anklage im Gewande des altmeisterlichen Naturalismus beweist: Wenn Kunst gegen die Plagen unserer Epoche „in Stellung“ gebracht werden soll, muss sie gut sein. Die Schrottbusse aus Aleppo des Künstlers Manaf Halbouni vor der Dresdner Frauenkirche blendeten zwei Erfahrungen von Flucht und Zerstörung auf verstörende Weise ineinander.
Die 24 Stelen, mit denen das Zentrum für Politische Schönheit Björn Höcke die Erinnerung an den Holocaust einbläuen wollte, verkürzten die ästhetische Aufklärung dagegen ebenso auf einen Wink mit dem Betonpfahl wie die Blöcke, die die „Identitäre Bewegung“ als Retourkutsche vor dem Brandenburger Tor platzierte, um an die „Opfer des Islamistischen Terrors zu erinnern.
Was erhellt: Kunst kann die die Realität zur Kenntlichkeit verfremden, sie kann die Wahrnehmung schärfen und andere Perspektiven eröffnen. Sie taugt aber weder als Erziehungsdiktatur noch als Schnelle Eingreiftruppe gegen Hassprediger, Fremdenfeinde, Neu- und Altrechte. Wie man an dem Hamburger Beispiel sehen kann.
Wenige Tage, nachdem Michel Abdollahi seinen Riesenschwamm aufgebaut hatte, fackelten ihn Unbekannte zu einem Häufchen geschmolzenen Plastik ab. Der rechtspopulistische Schmutz, den er wegwischen sollte, ist geblieben: In Athen und anderswo. Ihn zu bekämpfen kann die Kunst der Politik nicht abnehmen.